Am 22.März 2018 führten wir dann unsere 36. Patienteninformationsveranstaltung in der evangelischen Lungenklinik Berlin-Buch durch, die wir mit einer gut schmeckenden Soljanka zur Stärkung begannen. 36 Patienten und Angehörige folgten unserer Einladung.
Wir haben uns folgendes Programm vorgenommen:
ab 12.00 Uhr Eintreffen und Mittagessen
12.30 Offizielle Eröffnung und Aktuelles
Dr. Harald Katzberg (Leiter Landesverband)
12:40 Bericht unseres Mitglieds Angela Beier zur Teilnahme an Studien der Uni Hamburg Eppendorf
12:50 aktuelle Information zur Feinstaubproblematik, Supportive Therapien bei Pulmonaler Hypertonie
OA Dr.med. Hannes Semper (ELK)
13.45 Entlassmanagement (§39 Abs.1a SGB V)
Sascha Jordan (Leiter Sozialdienst ELK)
14.30 Verschiedenes u. a. Ein Bericht unseres Mitglied Günther Fliegel über eine Kolumne zur Krankenhausprivatisierung.
Begrüßung durch Dr. Katzberg
Nach der Begrüßung durch unseren Landesleiter Dr. Katzberg erhielt unser Mitglied Angela Beier das Wort. Sie berichtete über ihre Erfahrung mit einer Studie der Uni Hamburg.
Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bietet die Möglichkeit der Teilnahme an einem neu entwickelten Programm im Forschungsprojekt „Patienten für Patienten“ teilzunehmen.
Sie berichtete, dass sie an dieser Studie teilgenommen hat und welche positiven Erfahrungen sie daraus mitgenommen hatte.
Dieses Programm zielt auf die bessere Krankheitsbewältigung mit der pulmonalen Hypertonie und anderen seltenen Erkrankungen ab.
Es ist also keine Medikamentenstudie.
Die Universität hat dabei folgenden Ansatz:
„Das Leben mit einer seltenen chronischen Erkrankung kann sehr belastend sein. Häufig berichten Patienten, im Umgang mit der Erkrankung nicht ausreichend Unterstützung zu erhalten und geben an, dass ihnen besonders der Kontakt zu anderen Betroffenen fehlt.
In diesem neu entwickelten Programm möchte die Uni Betroffene dabei unterstützen, mit der Erkrankung besser umzugehen und trotz der oft schwierigen Situation ein erfülltes Leben zu führen.“
Dabei bietet die Uni 2 Möglichkeiten:
1.- Teilnahme von Patienten, die selbst Unterstützung suchen und
2.- Teilnahme von Patienten, die als Berater (nach vorheriger Anleitung) tätig sein möchten. (Mehrwöchige Fernausbildung)
Zum Ablauf des Programms sagte sie:
Ich erhielt ein Buch mit Informationen und Übungen die mir bei der Bewältigung der Krankheit helfen sollten. Über 6 Wochen hatte ich wöchentlich ein Kapitel zu lesen und Übungen zu Hause durchzuführen. Wöchentlich hatte ich, bei Bedarf, die Möglichkeit mit einem anderen Patienten sowohl zu den Übungen, als auch zu anderen Problemen der PH zu sprechen. Dieser Patient war als Berater von der Uni ausgebildet (Jeder hat auch die Möglichkeit sich als Berater –Peer Berater- ausbilden zu lassen). Für die Beratung muss man hinterher einiges an Zeit investieren.
Wer am Programm teilnimmt, erhält nach 6 Monaten nochmal einen Fragebogen zum Ausfüllen. Hier der Kontakt: Tel.: 040 7410 52822
Oberarzt Dr. Semper sprach auf unseren Wunsch hin zuerst über einige aktuelle Probleme rund um die Feinstaubproblematik. Er führte aus:
Aus Amerika sind neuere Studien bekannt, die sich mit dieser Problematik beschäftigen.
- Eine Amerikanische Studie (Nordosten der USA) wurde mit 6339 gesunden Probanden durchgeführt
- Untersucht wurde der Zusammenhang Wohnortnähe zur Hauptstraße und Feinstaubkonzentration zur Lungenfunktion
- Mind. 2 malige Messung der Lungenfunktion zw. 1995 und 2011 erfolgte.
Ergebnisse:
Wohnort <100m zur Hauptstraße bedeutet 23,2ml niedrigere FEV1 und schnellerer Abfall der Lungenfunktion (FEV1/Jahr) verglichen mit Wohnort > 400m Entfernung von der Hauptstraße.
Erläuterung:
Eine wichtige Aussage bei der Lungenvoluminamessung ist die relative Einsekundenkapazität (FEV1) d.h. wieviel Luft kann in der ersten Sekunde maximal ausgeatmet werden. (so genanntes „forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde“)
Verringerung der FEV1 = Hinweis auf obstruktive Ventilationsstörung (obstruktiv = verengt, eingeengt)
Eine chinesische Studie konnte ebenfalls die bekannten (vermuteten) Wirkungen auf die Lunge nachweisen.
- Chinesische Studie an 5993 Probanden in 7 Städten in der Provinz Guangdong mit unterschiedlicher Feinstaubexposition
Ergebnis:
- Je höher die Feinstaubkonzentration desto häufiger sind chron. Husten, Luftnot, vermehrte Sekretion, pfeifende Atmung, Brustenge
- Je höher die Feinstaubkonzentration, desto häufiger das Auftreten von COPD unabhängig vom Raucherstatus.
Zum Abschluß dieser Problematik stellte Dr. Semper noch 2 Grafiken zu aktuellen Werten der Luftqualität in Berlin vor, die an mehreren Stellen die Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte dokumentiert.
Anm.: unter folgender Adresse bzw. folgenden Stichpunkten findet man diese Werte:
http:// aqicn.org/map/germany/berlin.de/
auch in Google unter dem Stichwort: Luftqualitätsindex , Berlin zu finden.
Nun kam Dr. Semper zum eigentlichen Thema: der supportiven Therapien bei P(A)H.
Diese supportiven Therapien sind unterstützende Verfahren, die nicht primär der Heilung einer Erkrankung dienen, sondern den Heilungsprozess durch zusätzliche Behandlung beschleunigen oder die Symptomatik abschwächen sollen.
Anhand dieser, uns bekannten, Übersichtsdarstellung erläuterte er die einzelnen Therapieansätze.
Allgemeine und supportive Therapie der pulmonal arterielle Hypertonie. Gruenig et al., DMW 2016
Sehr interessant waren seine Ausführungen zu Impfungen.
Die Empfehlung der Kölner Konsensuskonferenz dazu:
7% der PH Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Pneumonie, daher
wird eine
- Impfung gegen Pneumokokken empfohlen
- Zusätzlich eine jährliche Impfung gegen Influenza (4 fach Impfung (quadrivalenter Influenzaimpfstoff), dieser wird von den Krankenkassen 2018 bezahlt. Wenn beim Hausarzt die Rechnung dennoch selbst beglichen wird, den Beleg bei der Krankenkasse Einreichen, das Geld erhält man zurück.)
Im Epidemiologisches Bulletin des RKI, 24.August 2017, Nr. 34 sind die speziellen Vorsorge-Impfungen für Patienten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung wie HIV, COPD, Asthma, ogantransplantierte Patienten, bei Niereninsuffizienz, bei Leberinsuffizienz u.a. angegeben, ebenso die Impfstoffe.
Die Entscheidung in diesen speziellen Fällen trifft der Hausarzt.
Dr. Semper erläuterte nochmals die immense Bedeutung eines überwachten körperlichen Trainings.
Dabei hat Prof. Grünig von der Thoraxklinik Heidelberg (REHA Heidelberg-Königsstuhl) international anerkannte Studien zur Verbesserung der Lebensqualität von PH Patienten bei regelmäßigem Training durchgeführt.
Er bewertete 183 Patienten mit PAH, CTEPH und PH Kl. 2 und 3 nach:
– 3 Wochen Training während des stationärem Reha-Aufenthalts
– Fortführung des Trainings zu Hause
Ein spezialisiertes Belastungsprotokoll (Rehaklinik Heidelberg) wurden für jeden Patienten vor Kurbeginn erstellt :
dieses enthält >1,5h/d Training über den Tag wie folgt verteilt:
– Ergometertraining (10-60W, langsame Steigerug), 7 Tage
– mentales Gehtraining (Treppen, Anstiege), 7 Tage
– Hanteltraining 500-1000g, 7 Tage
– Atemtherapie, 5 Tage
Die Trainingsdurchführung erfolgt nur bei einer Sauerstoff-Sättigung
> 85%, und einer Herzfrequenz von maximal 60-80% der
Eingangsergometrie.
Das Training soll konsequent zu Hause fortgeführt werden:
- Zu Hause: > 30 Minuten, 5 Tage für insgesamt 15 Wochen
Die Ergebnisse sind eindeutig, folgende Verbesserungen treten auf:
– Verbesserung der 6-Minuten-Wegstrecke
– Verbesserung der Lebensqualität
– Verbesserung der WHO-Funktionsklasse
– Verbesserung spiroergometrischer Daten
– Verminderung des mPAP in Ruhe
Die Wirksamkeit wurde auch bei Pat. in WHO Klasse IV nachgewiesen. Dabei traten 13% Komplikationen auf (Infekte, Synkope n=2, Präsynkope n=6)
Der Beginn des Trainings darf nur unter professioneller ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Die Ergebnisse wurden durch eine amerikanische Metaanalayse an 496 Patienten in 2015 bestätigt.
Im Anschluß übergab Dr. Katzberg das Wort an den Leiter Entlassmanagement der evangelischen Lungenklinik
Herrn Jordan zu seinem Vortrag: „Sozialarbeit und Entlassmanagement“
Herr Jordan während seines Vortrags
Herr Jordan erläuterte uns, welche Hilfen wir vom Sozialdienst im Krankenhaus erhalten können:
- Organisationen von Hilfsmittelversorgungen
- Organisation von Pflegeleistungen
- Organisation von Haushaltshilfen
- Organisation von Hauskrankenpflegen
- Organisation von SAPV
- Organisation von stationären Heim-, Hospiz- und Kurzzeitpflegeplätzen
- Vermittlung ambulanter Hospizdienste
- Organisation von Rehabilitationen
- allgemeine soziale Beratung
- Angehörigenarbeit
- psychosoziale Begleitung
Die Mitarbeiter des Sozialdiensten sind für alle Fragen der Patienten offen. Wichtig ist der rechtzeitige Kontakt. Dieser erfolgte bisher oft kurz vor der Krankenhausentlassung.
Die neuen Reglungen des Entlassmanagement zielen auf eine Betreuung mit Beginn der Krankenhausaufnahme ab.
Der Patient hat Anspruch auf Entlassmanagement im Rahmen der KH Behandlung. (§39 Abs.1a SGB V)
Ziel: Bedarfsgerechte und kontinuierliche Versorgung der Patienten im Anschluss an die KH Behandlung.
Die Mitarbeiter des Sozialdienstes können Hilfe und Beratung geben bei:
Sozialer Beratung / Angehörigenberatung/Psychosozialer Begleitung das sind:
- Beratung finanzieller Problemlagen
- Fragen bezüglich Arbeitsplatz
- Sozialrechtliche Fragen (Pflege, Rente, Krankengeld, Schwerbehinderung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung etc.)
- Information zu Ansprüchen, Leistungsvoraussetzungen und Leistungserbringern
- Vermittlung von Unterstützung und Hilfen (z.B. Selbsthilfegruppen, Pflegestützpunkte, Beratungsstellen etc.)
- Bewältigung der Krankheitsfolgen und Erhalt der Selbstbestimmung
- Krisenintervention
- Umgang mit Erkrankung
Die praktische Umsetzung des Entlassmanagement erfolgt durch:
- Software gestütztes Entlassungsmanagement
- geeignetes Assessment zur Bedarfsermittlung
- detaillierte Entlassungsformulare / Überleitungsbögen
- erweiterte Arztbriefe am Tag der Entlassung
- Verordnungen von Hilfsmitteln etc.
- Verordnung von SGB V Leistungen bis zu sieben Tagen
- Rezepte, Arbeitsunfähigkeit
Herr Jordan verwies insbesondere auf die letzten beiden Punkte.
Das Krankenhaus schreibt also Rezepte aus, für die notwendigen Medikamente und bestätigt, wenn notwendig, die Arbeitsunfähigkeit.
Dies ist eine deutliche Erleichterung für den Patienten am nächsten Tag nicht sofort zum Hausarzt zu müssen.
Anschließend wurden in der Diskussion noch einige Fragen zur Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege diskutiert. Ebenso kam die Frage (Forderung) von Patienten zu Kontaktpersonen, die dem Krankenhauspatienten z.B. bei schweren OP’s zur Seite stehen. Für Letzteres sind keine gesetzlichen Reglungen bekannt.
Im Namen des Landesverbandes bedankte sich der Landesleiter mit einem kleinen Präsent für seine Ausführungen.
Günther Fliegel trug noch eine Arztkolummne von Prof. Grönemeyer zum Verhältnis Arzt-Technik-Mensch vor.
Zum Abschluß der Veranstaltung bedankte sich Dr. Katzberg für das außerordentliche Engagement von Frau Neitzel – Chefarzt-Sekretärin- die auch schon die letzten Treffen im ELK für uns organisiert hat.
Nach offiziellem Veranstaltungsende tauschten sich noch Mitglieder in kleinen Gruppen zu interessierenden Fragen aus.
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