Das letzte Treffen des Jahres 2017 in Stuttgart-Möhringen war gut besucht. Rund 20 Patienten und Angehörige konnte Landesleiterin Helga Kühne in dem schon traditionellen „Zoam Schwoabentöpfle“ begrüßen
Als Referent für den Vortrag des Nachmittags kam Herr Thilo Präger von der Deutschen Rentenversicherung. Eine gute Wahl bei dem für gewöhnlich trockenen und spröden Thema „Erwerbsminderungsrente“: sachlich fundiert, souverän und nicht ohne Witz moderierte er das Thema. Als Beispiel diente Herrn Präger dabei ein 57jähriger Fliesenleger, der aufgrund eines Bandscheibenvorfalls seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Wie ist das Geschehene medizinisch, wie versicherungsrechtlich zu betrachten? Anders formuliert: Ist ein offenkundig nicht mehr arbeitsfähiger Fliesenleger, für lange Zeit krankengeschrieben, unter Berücksichtigung der „leistungsvermögenden Merkmale“ damit auch Erwerbsminderungsrentner?
Unter dem sperrigen Begriff der „leistungsvermögenden Merkmale“ verbergen sich folgende Kategorien, nach denen der Versicherungsfall von der Rentenbehörde geprüft wird:
a.) Körperliche und geistige Belastbarkeit
b.) Weitere Leistungseinschränkungen
c.) Wegefähigkeit
d.) Mögliche tägliche Arbeitszeit
Sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhandene Tätigkeiten – unter den üblichen Bedingungen wie Pausen und Erreichbarkeit – gilt es für den Fliesenleger zu berücksichtigen. Das kann ein Pförtner an einem wenig frequentierten Eingang oder eine – Herrn Prägers Paradebeispiel – Museumsaufsicht sein. Für Personen, die vor dem Januar 1961 geboren sind, gelten wegen des Bestandschutzes dazu eine sechsstufige Staffelung des Arbeitsmarktes, angefangen vom Arbeitnehmer mit höchster Qualifikation, einem Akademiker, bis hin zu einem Ungelernten. So ist es bei dem angeführten Fliesenleger letztlich auch die Frage des Geburtstages, bekommt er Erwerbsminderungsrente oder nicht.
Welche Versicherungsleistungen sind nun möglich?
Kann der Betroffene keine 3 Stunden täglich mehr arbeiten, so erhält er die volle, bei 3 – 6 Stunden die hälftige und kann er über 6 Stunden täglich arbeiten, erhält er keine Erwerbsminderungsrente. Diese ist grundsätzlich zunächst eine Zeitrente und nur in Ausnahmefällen eine Rente auf Dauer, wenn z. B. diese medizinisch bedingt und eine Besserung des Gesundheitszustandes unwahrscheinlich ist. Nach 9 Jahren Zeitrente, ist von einer Rente auf Dauer auszugehen. Voraussetzung dafür ist jedoch die allgemeine Prüfung der versicherungsrechtlichen Grundlagen: 36 monatliche Pflichtbeiträge zur Rentenversichrung innerhalb der letzten 5 Jahren müssen entrichtet sein. Herr Präger berichtete aus seinem Berufsalltag von geradezu tragischen Fällen, die wegen eines Monats fehlender Pflichtbeitrage keine Rente erhalten, obgleich sie wirklich dauerhaft erwerbsunfähig sind und nun auf die Grundsicherung Hartz IV angewiesen sind.
Breiten Raum nahm im zweiten Teil des Vortrages die gesetzlichen Neuregelungen der Zurechnungszeiten für Erwerbsunfähige ein. Die Rente wird zukünftig so berechnet, als hätte der Betroffene bis 65 gearbeitet. Stufenweise wird diese Zurechnungszeit bis 2024 von aktuell 62 erhöht. Dies gilt nur für zukünftige Erwerbsminderungsrentner. Heutige Rentner bleiben unberücksichtigt – trotz der oft grassierenden Armut gerade unter diesem Personenkreis.
Zwingend aus der dargestellten Situation war das anschließende Thema des Hinzuverdienstes zur Rente, da letztere keine „Lohnersatzfunktion besitzt“. (Anmerkung des Protokollanten: Gegenwärtig beziehen Erwerbsminderungsrentner im Schnitt 697 Euro, Frauen 662 € (neue Bundesländer: 746 €), Männer 728€ (neue Bundesländer 667€)). Was kann ich hinzuverdienen und reicht das dann für ein Leben in der gewohnten Umgebung, z.B. in Stuttgart?)
Fragen dieser und anderer Art beschäftigten die Besucher des Treffens bei der anschließenden Kaffeerunde mit Kuchen und Butterbrezeln. Landesleiterin Helga Kühne gab noch einen Hinweis auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen zum Vorstand und die Möglichkeit der Übertragung von Stimmrechten der Mitglieder, die an der Hauptversammlung nicht teilnehmen können. Ein Ausblick auf die im nächsten Jahr kommenden Treffen auf Landesebene beschloss ein sehr gelungenes Patiententreffen.
Klaus Konz
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