Um es gleich zu sagen, der Knastmarathon war eine großartige Erfahrung.
Punkt
10 Uhr ging es am Welt-PH-Tag bei bester Stimmung und heiterem Wetter
los. Auf dem Programm standen 24 wohlabgemessene Runden à 1758 Meter,
alles innerhalb der Mauern des äußerst gepflegten Geländes der
Justizvollzugsanstalt Darmstadt „Fritz Bauer Haus“.
Das Team PHenomenal Hope Germany bestand bei dem Lauf aus Katrin, Andrea, Axel und mir.
Katrin lief in einem super Input-Outcome-Verhältnis und bestritt den
kompletten Marathon in 4:12:09. Mit diesem Ergebnis schaffte sie es bei
den Frauen auf den 8. Platz!
Während Katrin sich schon ihr
verdientes Stück Kuchen hinter dem Zielbereich schmecken ließ, mühte ich
mich noch auf der Strecke ab und erreichte das Ziel schließlich eine
gute halbe Stunde später, nach 4:46:51, was mir den 66. Platz in der
Männerwertung bescherte.
Andrea musste ihren Lauf bereits nach 25
Kilometern und knapp 2,5 Stunden Laufzeit aufgrund einer auch
krankheitsbedingt zu knapp geraten Vorbereitung beenden.
Und Axel
hatte schon zu Beginn der Vorbereitung angekündigt, „nur“ die
Halbmarathondistanz von 21.1 Kilometern laufen zu wollen, was er dann
auch in einer persönlichen Bestzeit von 1:44:52 geschafft hat!
Startnummer mit Motto – Marc Ziegler
Als Marathon-Neuling weiß man ja nicht wirklich, wie man sich so auf
den letzten Kilometern halten wird und ob man es überhaupt bis ins Ziel
schafft. Daher war die gute Stimmung zumindest bei mir durchaus in eine
gewisse Grundnervosität getaucht.
Der Start war denn auch eine echte
Erleichterung, denn nun ging es endlich los und die angesammelte
Nervosität der letzten Tage konnte sich in läuferische Energie umwandeln
und in Geschwindigkeit entladen. Zum Start schien für einige Zeit die
Sonne, später war es auch mal länger bewölkt und die Luft recht kühl.
Während der ganzen Zeit hielt sich die Temperatur so um die 7 Grad. Aus
Läuferperspektive sind das nahezu optimale Bedingungen. Viele
Läuferinnen und Läufer liefen durchgängig in kurzer Kleidung, einige
griffen während der Bewölkung durchaus auch zu Windjacken.
Wie erwartet liefen bei mir die ersten 20 Kilometer noch sehr konstant, dann machten sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar und das Tempo wurde wechselhafter. Irgendwann gab es auch den Moment, an dem ich dachte: Oha, das ist wirklich eine persönliche Grenzerfahrung! Und ich war mir nicht sicher, ob ich das nun gut oder schlecht finden sollte – Stolz und Erschöpfung waren da miteinander im Zwiegespräch. Die befürchtete Begegnung mit dem „Mann mit dem Hammer“ oder „der Mauer“, also das plötzliche Wegfallen aller Kraft auf den letzten Kilometern, blieb mir zum Glück erspart. Aber die Beine wurden zunehmend schwerer und schwerer, die Runden immer zäher und immer wieder drohten Krämpfe, die Beine vollends lahmzulegen. „Wenn’s gar nicht mehr geht einfach weiterlaufen“ – dieses Motto zierte unsere Startnummern und drückt ganz gut das aus, was mich über Runde 19, 20, 21, 22 und 23 gebracht hatte. Erst in der Schlussrunde lief es sich wieder etwas befreiter – vermutlich setzte hier schon die Euphorie ein, dieses Glücksgefühl, es letztlich geschafft zu haben, die Marathon-Distanz das erste Mal bewältigt zu haben.
Wieder eine von 24 Runden geschafft! Barb Mehrens
Die Rahmensituation, in einem Knast einen Marathon zu laufen, hielt
einige eigentümliche Spiegelungen bereit. Denn während die Insassen uns
Läufer beim Laufen zuschauten, schauten wir ihnen dabei zu, wie sie im
Gefängnishof ihre Freizeit verbrachten und dort entweder ihrerseits
Runden drehten oder aber vom Zaun aus die Läufer anfeuerten. So
tauschten sich immer mal wieder die Rollen von Zuschauern und Akteuren.
Die im Vorfeld befürchtete Monotonie, 24 Mal die gleiche Runde laufen
zu müssen, hatte sich nicht eingestellt, ganz im Gegenteil, die Runden
waren lang genug, so dass sich der Lauf auf dem weitläufigen Areal
insgesamt recht abwechslungsreich gestaltete. Außerdem fand ich es gut,
stets zu wissen, wie viele Runden ich noch zu laufen hatte.
Die gesamte Organisation des Laufs seitens der JVA sowie die Verpflegung seitens mehrerer Insassen und sonstiger freiwilliger Helfer mit Wasser, isotonischen Getränken, Bananen, Orangen und Schokoriegel während des Laufs und einem außerordentlich großen Buffet mit Erfrischungsgetränken, Kaffee und Kuchen sowie belegten Brötchen im Anschluss war klasse und übertraf alle Erwartungen. Das Personal war sehr freundlich, auch beim Einlass, der in einem für JVAs typischen mehrstufigen Kontroll- und Sicherheitscheck bestanden hat. Herzlichen Dank an alle Beteiligten für den sehr guten Ablauf!
Der Knastmarathon Darmstadt fand dieses Jahr zum 13. Mal statt. Austräger ist neben der JVA Darmstadt der Gefangenensportverein SV Kiefer Darmstadt e. V., der u. a. auch die inhaftierten Läufer auf den Lauf vorbereitet. Das Projekt wurde 2007 als alternatives Freizeitprojekt für Haftinsassen ins Leben gerufen. Am Lauf selbst können auch Insassen anderer JVAs teilnehmen. Von Anfang an war die Veranstaltung zudem auch für nichtinhaftierte externe Läuferinnen und Läufer offen.
Ich bin froh und stolz, diesen Marathon als einer der externen Läufer für das Team PHenomenal Hope Germany gelaufen zu sein!
Lauf geschafft – Katrin Hetebrügge Marc Ziegler Andrea Weiler Barb Mehrens
Team PHenomenal Hope Germany:
Unsere Strava-Lauf-Aktion anlässlich des Welt-PH-Tages 2019 – viel sportliches Engagement und eine großzügige Spende
Katrin Hetebrügge, Darmstadt
Dieses Jahr bestand unser Strava-Lauf-Club anlässlich des Welt-PH-Tages aus insgesamt 146 Teilnehmern. Dabei wurden in einer extra für diesen Zweck eröffneten Gruppe auf der Sport-App-Plattform Strava alle an dem Tag gelaufenen oder gewanderten Kilometer gesammelt. Dazu kamen noch einige zusätzliche Kilometer, die mit anderen Bewegungs-Apps aufgezeichnet wurden. Insgesamt kamen an dem Tag 1307 Kilometer zusammen. Besonders gefreut hat uns, dass viele PH-Patienten selbst den Tag motiviert genutzt und sich für die Aktion die Schuhe geschnürt und auf den Weg gemacht haben. Actelion Deutschland hat unsere Aktion wie schon im letzten Jahr großzügig unterstützt und spendet 3,50 € pro Kilometer. Und die Gesamtsumme von 4574,50 € wurde schließlich sogar noch auf 5000 € aufgerundet.
Wir bedanken uns bei Actelion und allen Beteiligten ganz herzlich!
Das Ziel ist Heilung!