
„Die Stiefel des gestiefelten Katers”
Maria Elvira Schult
Ich wünschte, ich hätte die Stiefel vom gestiefelten Kater. Diese magischen, leichten Stiefel, mit denen man federleicht durchs Leben tanzen kann. Stattdessen ist jeder Schritt für mich ein Kraftakt. Zwei, drei Schritte – und es fühlt sich an, als wäre ich hundert gegangen. Ein Gang zum Briefkasten, ein Besuch, ein kleiner Ausflug – für andere kaum der Rede wert, für mich ein Marathon.
Wenn ich irgendwohin will, beginnt in mir ein Kampf. Schon bevor ich losgehe, fängt mein Kopf an zu rechnen: Schaff ich das? Lohnt es sich? Und dann kommt dieser Moment – ein gefährlicher Moment – in dem ich denke: „Lass es lieber.“ Aber nein. Nein, das darf ich nicht zulassen. Denn in diesem Moment steckt der Teufel. Wenn ich nachgebe, habe ich schon verloren.
Die Menschen sehen mich und sagen: “Die sieht doch ganz normal aus.” Oder sie sehen ein Foto und denken: “Die übertreibt doch.” Aber ich übertreibe nicht. Ich würde es gerne tun – einfach gesund sein, einfach übertreiben. Aber ich kann nicht.
Ich will nicht sterben. Ich kämpfe. Jeden Tag. Gegen diese Krankheit, gegen meinen eigenen Körper, gegen das Unverständnis einer Gesellschaft, die oft nur das sieht, was sichtbar ist. Und nicht das, was schwer wiegt, obwohl es unsichtbar bleibt.
Solange es Hoffnung gibt, kämpfe ich weiter. Für mich. Für mein Leben.
Elvira Schult